USA warnt China vor "Überproduktion und unfairem Handel"
April 6, 2024 um 10:00 AM © IMAGO / Zoonar
US-Finanzministerin Janet Yellen konzentrierte sich am ersten Tag ihrer einwöchigen Reise nach China auf die Handelsspannungen zwischen den USA und China, die Thema bei einem Treffen mit amerikanischen Geschäftsleuten und lokalen Beamten in Guangzhou waren.
Bereits am Freitag deutete sie an, dass nicht nur China selbst, sondern auch der Rest der Welt davon profitieren würden, wenn Peking die hohen Subventionen, die es für bestimmten Sektoren gewährt, überdenken würde. Zudem merkte sie an, dass ein Ende der unfairen Handelspolitik sich auch positiv auf das inländische Geschäftsklima auswirken würde. Gleichermaßen würde es die Lage der amerikanischen Firmen, denen die aktuelle Strategie schadet, verbessern. China sei zu groß, um zu versuchen, seinen Weg zu schnellem Wachstum lediglich durch Export zu erreichen. Sie ist der Meinung, das Land würde davon profitieren, überschüssige industrielle Kapazitäten abzubauen, die andere Volkswirtschaften unter Druck setzen. "Es würde die Fehlallokation von Ressourcen vermeiden, die auftritt, wenn staatliche Subventionen in Unternehmen fließen, die sonst nicht lebensfähig wären", sagte sie. "Und das ist etwas, das die chinesische Produktivität verbessern würde", fügte Yellen hinzu.
Überproduktion in China hat Auswirkungen auf die Weltwirtschaft
In ihren Ausführungen, die sie vor einer amerikanischen Handelskammer darlegte, sagte die 77-jährige Wirtschaftswissenschaftlerin, sie verstehe, dass Pekings direkte und indirekte staatliche Unterstützung für das verarbeitende Gewerbe mit inländischen Entwicklungszielen verbunden sei. Allerdings führe dieser Kurs derzeit zu Produktionskapazitäten, die weder die chinesische Inlandsnachfrage noch der Weltmarkt verkraften können. Yellens Äußerungen unterstrichen ihr Hauptziel bei den Gesprächen mit dem chinesischen Vizepremier He Lifeng am Freitag. Ihr Ziel war es, auch hier auf die Probleme hinzuweisen, die Chinas überschüssige Fabrikkapazitäten und wachsende Exporte im Ausland verursachen - und deutlich zu machen, dass diese mögliche Handelsspannungen anheizen.
Die Überproduktion Chinas rührt nicht von irgendwo her. Im März setzte Ministerpräsident Li Qiang ein ehrgeiziges Wachstumsziel von 5 % für 2024, das unter anderem durch mehr Investitionen in neue Hochtechnologiesektoren angekurbelt werden soll. Hintergrund dafür ist, dass China mit der Überwindung einer Immobilienkrise und einer schwachen Verbrauchernachfrage zu kämpfen hat, welche hierdurch ausgeglichen werden sollen. Der Internationale Währungsfonds prognostiziert derzeit für China ein reales BIP-Wachstum von 4,6 % im Jahr 2024 und einen Rückgang auf 4,1 % im Jahr 2025.
Yellen sagte, dass überschüssige Produktionskapazitäten in China schon in der Vergangenheit ein Problem gewesen seien, dass sich aber in letzter Zeit mit den aufkommenden Risiken in neuen Sektoren wie Elektrofahrzeugen, Batterien und Solarenergieprodukten verschärft habe und konkurrierende Arbeitnehmer und Unternehmen in den USA, Mexiko und Indien untergrabe. "Ich glaube, dass es im Interesse Chinas ist, die Überkapazitäten zu beseitigen und generell marktwirtschaftliche Reformen in Betracht zu ziehen", erklärte Yellen. Sie zog Parallelen zu Chinas marktwirtschaftlichen Reformen der vergangenen Jahrzehnte, die das Wachstum ankurbelten und Hunderte Millionen Menschen aus der Armut befreiten. Sie wies darauf hin, dass durch eine Wiederbelebung dieser Reformen weitere Fortschritte erzielt werden könnten - bessere, als sie durch die aktuelle Strategie realisiert werden könnten. Yellen sagte auch, sie werde die von amerikanischen und internationalen Unternehmen geäußerten Bedenken über das sich verschlechternde Geschäftsklima in China, einschließlich der "unfairen Behandlung im Vergleich zu lokalen Wettbewerbern", zur Sprache bringen.
Eingeschränkter Zugang zum chinesischen Markt für US-Unternehmen?
Unterdessen haben US-Beamte am Donnerstag bei einem Treffen mit chinesischen Beamten Fragen des Handels und des Marktzugangs angesprochen, die amerikanische Unternehmen betreffen, wie das US-Handelsministerium mitteilte.Themenschwerpunkte waren der grenzüberschreitende Datenverkehr und die regulatorische Transparenz.
Washington erklärt gegenüber Peking seit Jahren seine Besorgnis über den eingeschränkten Zugang zum chinesischen Markt für US-Unternehmen. Das Treffen am Donnerstag war das erste einer im vergangenen Jahr gegründeten Arbeitsgruppe für Handelsfragen. Es wurde von der US-Unterstaatssekretärin für internationalen Handel, Marisa Lago, und dem chinesischen Vize-Handelsminister Wang Shouwen geleitet. Lago äußerte auch "große Besorgnis über die zunehmenden Überkapazitäten in einer Reihe von chinesischen Industriesektoren, die sich auf amerikanische Arbeitnehmer und Unternehmen auswirken", so das Handelsministerium in einer Erklärung.
Zunehmende Zusammenarbeit zwischen China und den USA zu erwarten?
Beamte der USA und Chinas verstärkten in den letzten Monaten die Kommunikationslinien. Auch Präsident Joe Biden und der chinesische Präsident Xi Jinping führten bereits am Dienstag ein Telefonat - das erste direkte Gespräch, seit einem Treffen im November.
Xi und Biden besprachen dabei die Bemühungen der USA, die Ausfuhr bestimmter US-Technologien, darunter fortschrittliche Halbleiter, nach China zu beschränken. Xi warnte Biden davor, dass die USA "keine Risiken abbauen, sondern Risiken schaffen", indem sie Chinas Handel und technologische Entwicklung unterdrücken und neue Unternehmen auf die US-Sanktionslisten setzen. Das Weiße Haus teilte mit, Biden habe bei Xi Bedenken über Chinas "unfaire Handelspolitik und nicht marktwirtschaftliche Praktiken" geäußert.
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